Mikrofon in einem Aufnahmestudio

Wie der Podcast "Hoss und Hopf" Verschwörungen verbreitet

Stand: 16.02.2024, 09:45 Uhr

Clips aus dem Podcast "Hoss und Hopf" trenden derzeit - auch auf TikTok. Mit raffinierter Strategie verbreiten die Macher ihre Verschwörungserzählungen unter Jugendlichen. TikTok hat nun reagiert.

Von Nina Magoley

Besonders auf TikTok und Instagram kommen ihre Botschaften gut an: Ausschnitte aus dem Podcast "Hoss und Hopf", der seit Wochen ganz oben in den Podcast-Charts rangiert. Die zwei Moderatoren Kiarash Hossainpour - genannt Hoss - und Philip Hopf, lassen sich darin alle paar Tage über diverse Themen aus - von Bauernprotesten oder Flüchtlingen über fragwürdige Anlagestrategien bis hin zum Umgang mit Stress.

Im lockeren Plauderton stellen sie Behauptungen auf, die oft bekannten Verschwörungserzählungen entsprechen. Sie stellen den Klimawandel in Frage, malen sich ein Land ohne Flüchtlinge aus oder loben das offene Waffenrecht in vielen US-Staaten.

Zuletzt besprachen "Hoss und Hopf" das Interview des rechten US-Talkmoderators Tucker Carlson mit dem russischen Präsidenten Putin. Der sei "kein Dummkopf", schwärmt Hopf, er habe "mehrmals die Hand ausgestreckt und gesagt, er sei weiterhin bereit zu verhandeln".

Der "Mainstreampresse" werden unterdessen Diffamierungen und "Schmierenartikel" unterstellt, auch ist von der "sogenannten Lügenpresse" die Rede.

TikToker werden angestachelt, Videoclips aus dem Podcast zu posten

Die Inhalte erscheinen nicht nur im Podcast. Mit einer raffinierten Strategie schaffen die beiden Autoren es, dass Ausschnitte aus ihren Gesprächen auf Social-Media Plattformen wie TikTok und Instagram landen, die vor allem von Kindern und Jugendlichen frequentiert werden.

Dazu loben sie jeden Monat einen Wettbewerb aus: Mehrere tausend Euro aus einem Lostopf stehen bereit für Kanäle, die nur ihre Inhalte zeigen und mit mindestens einem Video viral gehen.

Jugendliche Nutzer spornt das offenbar an: Auf TikTok und Instagram finden sich zahllose Videoclips mit kruden Behauptungen aus dem Podcast "Hoss und Hopf" und passenden Bildern unterlegt. Einige Beispiele:

Behauptung: Das Polareis schmilzt gar nicht

In diesem von Followern gebastelten Clip erzählen Kiarash Hossainpour und Philip Hopf von einer Studie, die angeblich beweist, dass das Eis in der Antarktis gar nicht schmelze, sondern im Gegenteil um 5.000 Quadratkilometer gewachsen sei. "Also exakt das Gegenteil von dem, was uns immer erzählt wird", gibt sich Hopf erstaunt.

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Auf Quellenangaben wird in solchen Clips locker verzichtet - im Podcast beziehen sich die Macher auf einen Artikel in der "Epoch Times", einem Nachrichtenportal, das unter anderem der hessische Verfassungsschutz als "Portal der Gegenöffentlichkeit im deutschen Rechtsextremismus" bezeichnet.

Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur sagte Julia Andreasen, eine der Autorinnen, dass ihr Artikel zur Studie keine Schlussfolgerungen über den Klimawandel ziehe und nur eine "Momentaufnahme" darstelle.

Der Glaziologe Helmut Rott von der Universität Innsbruck erklärt, dass es in der Studie um Schelfeis gehe, schwimmende Eisteile, die das festsitzende Eis in weiten Teilen der Antarktis umgeben. Dieses lockere Schelfeis sei tatsächlich zeitweise gewachsen, doch der Abbruch und das Schmelzen riesiger Eisblöcke in den vergangenen Jahren habe diesen Zuwachs "mehr als zunichte gemacht".

Fazit des DPA-Faktenchecks: Die Studie sei von Epoch Times "fehlinterpretiert" worden.

Behauptung: Mehr Flüchtlinge nach Deutschland als in die gesamte EU

Ein anderes Beispiel: In Folge 108 des Podcasts behauptet Hopf, Deutschland habe "mehr Flüchtlinge aufgenommen als alle anderen europäischen Länder zusammen". Daher halte die AfD es "für geisteskrank und Selbstmord", noch mehr Flüchtlinge aufzunehmen, sagt er zustimmend.

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Eine von rechtslibertärer Seite häufig aufgestellte Behauptung. Ein einfacher Blick in die Statistik der EU-Kommission zeigt aber: Tatsächlich hat Deutschland bislang 2.336.464 Flüchtlinge aufgenommen, während es in der EU insgesamt 7.078.605 sind.

Einzig im Jahr 2016, auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise, hatte es tatsächlich in Deutschland mehr Asylanträge gegeben, als in allen anderen EU-Staaten zusammen. Allerdings bezieht sich die Behauptung der Podcast-Macher nicht nur auf dieses Jahr - als pauschale Aussage ist die Behauptung damit falsch.

TikTok sperrt Kanal mit "Hoss und Hopf"-Inhalten

Solche Beispiele gibt es nach WDR-Recherchen noch viele weitere. Grund genug für die bei Jugendlichen beliebte Videoplattform TikTok jetzt eines der Konten mit "Hoss und Hopf"-Inhalten zu sperren. Der Kanal, der immerhin 160.000 Follower gehabt haben soll, sei "wegen gefährlicher Falschinformationen und gefährlicher Verschwörungstheorien von der Plattform entfernt" worden, bestätigte eine Sprecherin des Unternehmens am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur - mit Verweis auf die Community-Richtlinien des Unternehmens.

Angefragt vom WDR antworten die Podcast-Macher Philip Hopf und Kiarash Hossainpour am Donnerstag schriftlich, der Podcasts spreche "zahlreiche unzufriedene Bürger in unserem Land an". Man beobachte nun, dass man "uns in eine Rechte Ecke" drängen wolle, und dass "Medien dabei tatsächlich Wahrheiten verfälschen".

Influencer gehen "sehr subtil" vor

Für Kinder und Jugendliche seien diese Strategien und ihre Gefahren oft schwer durchschaubar, stellt die Organisation Jugendschutz.net fest. Akteure gingen "oftmals sehr subtil und suggestiv vor". Im Report "Influencing und Verschwörungspropaganda" zeigt Jugendschutz.net, mit welchen Mechanismen sich Verschwörungsideologen und Rechtsextreme in den Sozialen Medien einschleichen und welche Risiken sich daraus für Kinder und Jugendliche ergeben.

Äußerungen, die ausschließlich einzelne Menschen als Verantwortliche für Misstände nennen, seien selten, stellen die Forscher von Jugendschutz.net fest. Verschwörungserzählungen würden meist nur angedeutet, eingeblendete Bilder oder "nur ein quasi wissender Blick" reichten aus, um den Bedeutungszusammenhang herzustellen. Häufig würden "vage gehaltene, pseudo-kritische aber tatsächlich tendenziöse Fragen" aneinandergereiht. Die Antworten würden implizit mitgegeben.

Für Jugendliche oft nicht durchschaubar

Unvoreingenommene Jugendliche könnten sich durch solche scheinbar kritisch-provokanten Stilmittel angesprochen fühlen. Besonders dann, wenn sie sich in ihrer eigenen Phase des "Infragestellen von Autoritäten" wiederfänden. Die Verschwörungsinfluencer überließen es so den Followern, ihre Botschaften unverblümt auszusprechen.

Im Internet finden sich zahlreiche Ratgeber für Eltern, wie sie ihre Kinder sensibilisieren können dafür, genauer hinzuschauen und sympathisch wirkende Influencer auch zu hinterfragen.

"Mit Kindern im Gespräch bleiben"

Auch die Organisation "Klicksafe" bei der Medienanstalt Rheinland-Pfalz informiert ausführlich über den Umgang mit fragwürdigen Influencern in den Sozialen Medien. Influencer aus dem identitären, völkischen und rassistischen Spektrum würden soziale Medien geschickt nutzen, um ihre Reichweite zu vergrößern, heißt es dort. Dabei seien Antisemitismus und Verschwörungstheorien "kein Randphänomen, sondern nahezu allgegenwärtig". Ein immer wiederkehrendes Thema dieser Influencer sei die Behauptung, in Deutschland herrsche eine Meinungsdiktatur. Sich selbst inszenierten sie "als letzte Bastion der Wahrheit".

"Vertraust du noch oder checkst du schon?"

Für Kinder und Jugendliche sei es oft schwer, zu unterscheiden, bei welchen Nachrichten es sich um gesicherte Fakten handelt und bei welchen lediglich um Behauptungen und Lügen. Eltern rät Klicksafe auf ihrer Website: "Bleiben Sie mit ihren Kindern im Gespräch über die aktuell angesagten Influencer", heißt es dort, "lassen Sie sich zum Beispiel von Ihrem Kind die drei Lieblings-Influencer vorstellen." Wie man dabei Falschnachrichten und Verschwörungsideologien aufdeckt, erfahren Eltern in der Broschüre "Vertraust du noch oder checkst du schon?".